Neue Schulklasse für Flüchtlingskinder

Von Karl Ritter

west Es hatte unzählige Verschiebungen und Querelen gegeben, doch dann ging alles letztlich ziemlich schnell: Seit dem 17. November werden am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium (DBG) in West 18 Kinder und Jugendliche ab der 5. Klasse unterrichtet, die keinerlei Deutschkenntnisse haben. „Diese Kinder werden als Seiteneinsteiger bezeichnet. Nach Definition des Schulministeriums handelt es sich dabei um Schüler, die innerhalb der letzten zwei Jahre aus dem Ausland zugezogen sind und nur über sehr geringe oder gar keine Deutschkenntnisse“, sagt Schuldezernent Rolf Steuwe: „Es gibt dabei keinen Unterschied zwischen beruflich zugezogenen EU-Bürgern und Flüchtlingen.“

Vor einem guten Jahr hatte der Jugendrat intensiv darauf hingewiesen, dass viele schulpflichtige Flüchtlingskinder im Stadtgebiet keinen Platz an Schulen haben – obwohl die Schulpflicht auch für sie gilt. Nun endlich hat die Bezirksregierung reagiert – wenn auch erst auf „immensen Druck der Verwaltung“, wie Steuwe es nennt. Eine eigene Lehrerstelle für die neue Klasse am DBG, die als 5d geführt wird, gibt es erst ab dem 1. Februar 2015. Bis dahin unterrichten abgeordnete Pädagogen der benachbarten Gesamtschule die Kinder und Jugendlichen, darunter auch syrische Kinder. Bislang gab es solche Klassen nur an der Friedrich-Ebert-Schule und der Elsa-Brandström-Schule, die wie berichtet in der Auflösung ist. Die Kapazitäten sind schon jetzt erschöpft. Ob zum neuen Schuljahr im Sommer eine weitere Seiteneinsteiger-Klasse am DBG gebildet werden kann, ist noch überhaupt nicht absehbar. Steuwe hält sie allerdings für dringend notwendig: „Wir werden daher Kontakt mit der Bezirksregierung aufnehmen.“ DBG-Schulleiter Uwe Florin hat sich schon selbst ein Bild von der neuen Klasse gemacht und erkannt, wie wichtig sie ist, intelligenten Kindern fehlten einfach noch die Sprachkenntnisse, so sein Eindruck.

Trotz des guten Anfangs leben in der Stadt noch immer rund 30 Kinder und Jugendliche, die nicht beschult werden können. Aus einem unserer Zeitung exklusiv vorliegenden Papier werden auch die Gründe dafür deutlich: So verweigern ungefähr 20 Prozent der Eltern die Mitarbeit und lassen das Kind nicht zur Schule gehen. In einem anderen Fall wird das Kind derzeit vom Schulpsychologischen Dienst betreut. Ob ein Schulbesuch möglich wird, ist derzeit noch unklar. In nur einem Fall konnte ein Kind aus Tiefenbroich nicht in die Sekundarstufe I eingeschult werden, weil es keinen Platz gab. Probleme haben allerdings auch die Kinder, die der Schulpflicht nachkommen: Nicht nur die mangelnden Deutschkenntnisse bereiten erhebliche Probleme, auch ein nicht vorhandenes Zahlen- und Mengenverständnis sowie fehlende soziale Kompetenz seien an der Tagesordnung. Deutlich besser sieht die Situation im Grundschulbereich aus, wie Steuwe erklärt: „Die Schulaufsicht hat ab Februar drei weitere Integrationsstellen zugesagt, die der Matthias-Claudius-, der Erich-Kästner- und der Anne-Frank-Schule zugewiesen werden.“

Trotzdem will die Stadt aber auch außerschulische Maßnahmen fördern, um nahezu alle Kinder erreichen zu können. 12 000 Euro sollen im kommenden Jahr für die Koordination sowie die Fortbildung und Anleitung von ehrenamtlich Unterrichtenden investiert werden. Mit Hilfe der Freiwilligenbörse werden Alphabetisierungskurse sowie Unterricht zur Schulvorbereitung durchgeführt. Ein Augenmerk hat die Stadtverwaltung auf die Unterkunft Am Sondert gelegt, da dort der Großteil der noch unversorgten Kinder lebt: Es soll nach den Weihnachtsferien ein Angebot für Jungen geben, die Deutsch sprechen können, aber keine Allgemeinbildung haben.(wol)

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